Trauer um die Königin des Belcanto

Nachruf auf Edita Gruberova

Die Nachricht stürzt die Opernwelt in Trauer: Edita Gruberova ist diese Woche in Zürich verstorben. Mit ihr verliert die Opernwelt eine der grössten Sängerinnen aller Zeiten. Und das Opernhaus Zürich seinen strahlendsten Stern.

Über Jahrzehnte war Edita Gruberova dem Opernhaus Zürich eng verbunden. Lucia di Lammermoor, Linda di Chamonix, Elvira (I Puritani), Zerbinetta, Semiramide, Anna Bolena, Elisabetta (Roberto Devereux), La Straniera, Konzerte und Liederabende: zahllose Vorstellungen, viele davon im Zenit ihres Könnens, hat Edita Gruberova dem Zürcher Publikum geschenkt. Jedem der sie gehört hat, wir diese kristallklare, unverwechselbar fokussierte Sopranstimme in Erinnerung bleiben.

Edita Gruberova hat die schönsten Spitzentöne aller Sängerinnen gesungen. Diese Töne waren spektakulär, liessen den Zuschauern den Atem stocken.

Edita Gruberova konnte das leiseste Pianissimo singen und war doch im ganzen Opernhaus hörbar wie keine Zweite. Edita Gruberova war stets Herrin ihres Instruments, konnte nach Belieben gestalten: verzaubern, laut sein, leise sein, perlen, klagen, trauern, jubilieren, kokettieren, lieben, vom Wahnsinn erfasst werden, in atemberaubendem Tempo durch die schwierigsten Koloraturen jagen – und war dabei immer von grosser Musikalität und Ausdruckskraft getragen.

Edita Gruberova war eine grossartige Gestalterin ihrer Rollen. Jede einzelne Vorstellung war eine Sensation – schwache Vorstellungen gab es bei ihr nicht. Nebst ihrer Gestaltung von Belcanto-Rollen bleiben auch ihre Mozart- und Verdi-Interpretationen unvergessen, sowie ihre Interpretationen von Liedern.

Es mag einige gute SängerInnen geben, aber es gibt in einem Jahrhundert nur eine Handvoll Stimmwunder. Edita Gruberova war ein solches Stimmwunder.

Die Jubelstürme des Zürcher Publikums waren beispielslos, wenn Edita Gruberova nach einer Vorstellung vor den Vorhang trat – beispiellos ist nun auch die Bestürzung über ihren Tod. Edita Gruberova wird in unserer Erinnerung weiterleben, wir werden sie nie vergessen.

Emanuel Schiwow, Präsident Zürcher Theaterverein